Integration von Flüchlingen als Lehrlinge am österreichischen Arbeitsmarkt

IKEA’s Skills of Employement Projekt: Flüchtlinge als Lehrlinge in den Arbeitsmarkt integrieren

Menschen, die ihr eigenes Heimatland verlassen müssen, haben ein enormes Schicksal hinter sich. Umso mehr Unterstützung sollte deshalb in Österreich in Form einer gesunden sozialen Integration auf sie warten. Diese gelingt am besten, wenn sie am Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Wir haben uns auf den Weg zu IKEA Klagenfurt gemacht und zeigen euch anhand der Initiative „Skills for Employment“, wie sich Flüchtlinge als Lehrling in ein Kärntner Unternehmen integrieren lassen können.

Vom Flüchtling zum Lehrling: Arbeiten bei IKEA
Das ganze Interview mit Kinga: Unzensiert und ungeschnitten
Unser Eindruck über das Integrations-Projekt
Über das Projekt A: Life 2.0 

Vom Flüchtling zum Lehrling: Arbeiten bei IKEA

Vielfalt und Inklusion sind bei IKEA nicht nur ein Slogan, nein, es wird dort auch gelebt. Allein in Klagenfurt sind zehn Migrant*innen aus unterschiedlichen Bereichen und insgesamt vier Lehrlinge beschäftigt. Sie werden in der Logistik, der brandneuen Parcel Station und selbstverständlich in der Gastronomie eingesetzt.

Mit dieser Initiative will IKEA Menschen, egal welcher Herkunft, eine gesellschaftliche Integration ermöglichen. Vor allem jugendlichen Flüchtlingen wird eine Chance gegeben, eine Ausbildung mit europäischem Standard zu absolvieren.

Verantwortlich für das Diversity Management ist unter anderem Kinga Lusztig, People & Culture Generalistin bei IKEA am Standort Klagenfurt. Kinga war es auch, die uns hinter die Kulissen des erfolgreichen Unternehmens mitnahm und wir durften drei Ihrer Lehrlinge mit Migrationshintergrund kennenlernen.

Diese Menschen wollen etwas schaffen, sie wollen etwas bewegen, wollen weiter wachsen – nicht nur für sich, sondern für das ganze Unternehmen. Sie bringen Mut und Ehrgeiz mit. Die Führungskraft ist in so einem Projekt stark involviert. Ich selbst verbringe sehr viel Zeit mit ihnen. Auch extra Zeit, um Sachen zu erklären, je nachdem wie viel Bedarf sie haben. (Kinga Lustzig, People & Culture Generalistin, IKEA Klagenfurt)

Kinga Lusztig, People & Culture Generalistinbei IKEA Klagenfurt: „Wir wollen nicht nur, dass sie bei uns arbeiten, wir wollen ihnen eine Karriere bieten. Und die Lehre ist ihr Einstieg.“

Das ganze Interview mit Kinga: Unzensiert und ungeschnitten.

Wir durften mit Kinga Lusztig, People & Culture Generalistin bei IKEA Klagenfurt, über das Projekt sprechen. Hier könnt ihr euch selbst davon überzeugen, was es für die Menschen heißt, die darin involviert sind.

kaerntenjobs.com: Warum habt ihr euch dafür entschieden, mit Flüchtlingen zu arbeiten?

Kinga: IKEA hat sich schon im Rahmen des länderübergreifenden Projektes „Skills for Employement“ zum Ziel gesetzt, bis 2022 mindestens 2.500 Flüchtlinge weltweit aufzunehmen, um diese Menschen durch einen Arbeitsplatz oder eine Berufsausbildung zu unterstützen. Dieses Projekt konnte auch letztes Jahr in Österreich umgesetzt werden, da IKEA grundsätzlich großes Interesse an Vielfalt im Unternehmen hat. Letztes Geschäftsjahr haben wir 50 Mitarbeiter*innen mit Migrationshintergrund zusätzlich österreichweit aufgenommen, inklusive Lehrlinge.

Mit dem internen Unterstützungsprogramm „ED&I“, das kurz für “Equality, Diversity & Inclusion” steht, wurde ein Netzwerk mit Dokumentation erarbeitet, die für alle zur Verfügung steht und der sich jeder bedienen darf. Speziell bei jungen Flüchtlinge zeigt es sich, dass sie einen schwierigeren Einstieg haben.

kaerntenjobs.com: Was war für euch die größte Herausforderung?

Kinga: Die größte Herausforderung war die Sprache. Sowohl für die Lehrlinge als auch für uns. Es war eine große Unsicherheit, denn obwohl manche schon gute Deutschkenntnisse mitgebracht haben, hatten manche noch Schwierigkeiten. Wir haben hier die Hilfestellung eingeführt, dass wir jetzt auch Deutsch-Kurse anbieten. Mithilfe der WKO-Förderung kommt einmal wöchentlich eine Lehrperson, die in der Berufschule zusätzlich mit ihnen arbeitet. Dadurch konnten alle das erste Jahr positiv abschließen.

Wir von Ikea haben österreichweit ein Netzwerk geschaffen, das speziell für Flüchtlinge da ist. Teilweise gab es auch Herausforderungen hinsichtlich kulturellen Unterschiede, wie z. B. die Pünktlichkeit oder der Urlaubsanspruch. Besonders Letzteres war für manche nicht so selbstverständlich. Viele erkannten den Erholungswert nicht, teilweise kamen Aussagen wie „ich brauch keinen Urlaub.“ Auch Behördengänge, z. B. wann und wo ich mich krankmelden muss, haben viel Zeit in Anspruch genommen, aber es ist absolut machbar. Dies zeigt, was für manche von uns vielleicht selbstverständlich ist.

Hasan ist Flüchtling und macht seine Lehre bei IKEA

Hasan war Flüchtling und macht seine Lehre bei IKEA

kaerntenjobs.com: Wie haben die Kolleg*innen auf die Lehrlinge reagiert?

Kinga: Es war ein großartiger Start, die Kolleg*innen zeigten viel Verständnis. Wirklich mit offenen Armen. Für mich eine große Überraschung, weil ich die erste war, die dieses Programm gestartet hat. Es war für mich ein wichtiger und mutiger Schritt. Die Wege haben sich mit der Diakonie gekreuzt und ich habe gesehen, dass das eine Möglichkeit ist, diesen Menschen eine Chance zu geben. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, ob das Vorhaben scheitern könnte. Dieses Programm ist aber für viele junge Menschen der Schlüssel zu einem besseren Leben.

kaerntenjobs.com: Und die Kund*innen?

Kinga: Bis jetzt hab ich nur gute Rückmeldungen bekommen. Speziell eine Kundin hat uns das direkte Feedback gegeben, dass sie noch nie so strahlend und zuvorkommend begrüßt worden ist. Unsere Lehrlinge werden aber auch voll im Arbeitsalltag integriert und der Zeitpunkt ist genau der richtige für solche Projekte. Die Menschen sind bereit.

kaerntenjobs.com: Welche Erfahrungswerte würdest du anderen Unternehmen mitgeben?

Kinga: Man muss mutig sein, Menschen eine Chance geben und Dinge ausprobieren. Klischees weglassen– im Sinne der Herkunft dürften diese nicht einmal erwähnt werden. Mit einem richtigen Netzwerk im Hintergrund kann man es schaffen. Aber es ist auch kein Selbstläufer, soviel steht fest. Man muss sich im Vorfeld überlegen, wie man die Menschen am besten ins Unternehmen integrieren kann, was man ihnen bieten kann. Wenn man die richtige Mannschaft hat, schafft man das und das ist nicht davon abhängig, ob man ein Klein- oder Großunternehmen besitzt. Es geht nur darum, ob du es wirklich willst, denn es gibt genug Menschen, die genau solche Projekte brauchen. Diese Menschen haben schon soviel in ihren jungen Jahren erlebt, was sie natürlich geprägt hat. Sie sind treu, motiviert und wollen arbeiten. Sie bereichern ein Unternehmen und man kann auch viel von ihnen lernen.

kaerntenjobs.com: Was war der schönste Moment für dich?

Kinga: Als ich den drei Lehrlingen, die zuvor bei IKEA schnuppern waren, mitteilen durfte, dass sie aufgenommen werden. Sie waren sprachlos, weinen und lachen – es war alles dabei. Es geht endlich los! Diese Menschen sind seit Jahren in Österreich und haben nirgends eine Chance bekommen. Deswegen haben wir heuer im Herbst wieder zwei neue Lehrlinge in Klagenfurt aufgenommen.

Kinga unterstützt ihre Lehrlinge

Kinga Lusztig mit den Lehrlingen Hasan und Narges: „Wir unterstützen unsere Lehrlinge mit Buddies. Sie bekommen von uns die Begleitung, die sie brauchen.“ 

Unser Eindruck über das Integrations-Projekt 

Wir sind überwältigt, denn wir waren durchgehend von so viel Herzlichkeit umgeben, die man selten so erlebt. Man spürt die Freude, die die Lehrlinge haben. Sie haben die Chance bekommen, sich in Österreich integrieren zu dürfen.

Ermöglicht wurde es ihnen von Kinga Lusztig, die selbst einen Migrationshintergrund hat. Durch ihre Liebe für dieses Projekt hat sie ein Netzwerk um sich aufgebaut, welches sie und ihr Team unterstützt und weiter mitgestaltet. Sie ist ein Paradebeispiel des first principles thinking und wir freuen uns auf noch ganz viele solcher Projekte von ihr und IKEA. Solche engagierte Personen braucht Kärnten. Und das bestätigten uns auch ihre Lehrlinge:

Die Kolleg*innen und Kund*innen sind immer sehr aufmerksam und geduldig. Wenn ich etwas nicht verstehe, dann erklären sie es mir noch einmal. (Maryam, Lehrling IKEA Klagenfurt)

Steckbrief über Maryam, Lehrling bei IKEA

Maryam lebt seit 2016 in Österreich und hat 2019 ihre Arbeitsbewilligung bekommen. Danach konnte sie bereits erste Berufserfahrungen sammeln, zwar nur geringfügig und in einer anderen Branche, aber sie konnte Fuß auf dem Arbeitsmarkt fassen. Durch das A:life Projekt konnte sie endlich ihren Wunsch nachgehen und bekam die ersehnte Möglichkeit, sich bei IKEA Klagenfurt zu bewerben.

Ikea Refugees

Quelle: www.knauder-fotografie.at/

Ich kann jedem eine Ausbildung bei IKEA empfehlen. Durch eine Lehre sammelt man neben der Theorie auch Praxiswissen und nach dem Abschluss kann man dort auch Karriere machen und dort will ich hin! Wichtig ist, dass man die Sprache beherrscht und man muss motiviert sein, etwas Neues zu machen. Man muss es wollen. Es gibt auch Tag, an denen nicht alles so gut geht, aber das gehört zum Leben dazu. (Maryam, Lehrling IKEA Klagenfurt)

Ausschnitt aus dem Interview mit Narges:

Ausschnitt aus dem Interview mit Hasan:

Über das Projekt A:Life 2.0

Die Diakonie de la Tour übernimmt verschiedenste Projekte mit unterschiedlichsten Aufgaben. Wie auch das Integrations-Projekt A:Life. Hier bekommen Asylant*innen die Möglichkeit, eine Lehrstelle in Kärnten zu absolvieren. Ziel ist es, Menschen in den österreichischen Arbeitsmarkt zu integrieren und europäisches Fachwissen zu vermitteln.

Die jungen Menschen werden gezielt auf die Lehre vorbereitet. Im Fokus steht natürlich das Erlernen der Sprache. Denn mit mangelnden Deutschkenntnissen ist es schwierig, eine Arbeitsstelle zu erlangen. Was auch unsere Lehrlinge im Interview immer wieder stark betont haben. Mit einem Abschluss steigen ihre Chancen am österreichischen Arbeitsmarkt. Die Diakonie unterstützt die Suche nach einer Lehrstelle und was sonst noch rund um Behördengänge, Sprachkurse, Nachhilfestunden usw. anfällt.

Hier ist eine kurze Checkliste, was Flüchtlinge brauchen, um in das Programm aufgenommen zu werden:

– Ein positiver Bescheid nach dem AsylG, NAG und somit einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt
– Sie dürfen nicht älter als 30 Jahre sein
– Man sollte grundlegende Deutschkenntnisse vorweisen (mind. Niveau A2)

Fazit:

Für uns ist dieses Projekt von IKEA in Zusammenarbeit mit der Diakonie de la Tour ein Best Practice Beispiel in und für Kärnten. Und wir würden uns wünschen, wenn noch viele weitere Kärntner Unternehmen auf diesen Zug aufspringen und Flüchtlinge in ihrem Betrieb ausbilden.